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Was ein Vertrag…

Gepostet in Allgemein von Freddy am 17. Oktober 2009 Tags: ,

EA_Autobahn…mit dem Land wert ist

Mit einem passgenauen Gesetz will die Landesregierung den A 33-Konsens aushebeln – zum Schaden von Halle Eine Betrachtung von Andreas Großpietsch Halle/Düsseldorf. Für und gegen die Autobahn 33 ist schon viel Politik gemacht worden – von der kleinen kommunalen Ebene bis hin zum Bundesverkehrsministerium. Und wie man mit diesem 40 Jahre alten Fernstraßen- Vorhaben immer noch Politik machen kann, zeigte sich erst vor wenigen Wochen bei der Zelebrierung des ersten Spatenstichs in Steinhagen. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit droht durch den offenen Vertragsbruch der Landesregierung jetzt die sehr reale Gefahr, dass auch mit dem letzten Abschnitt noch Politik gemacht wird – zum großen Nachteil der Stadt Halle und der Region. Dass es aus der Region bislang keinen Aufschrei gibt, hat mehrere Gründe. Zum einen sind kurz nach der Wahl Stadtrats- und Kreistagsmitglieder noch mit vielen anderen wichtigen Problemen – und sich selbst – beschäftigt, zum anderen sind viele Menschen, die sich schon seit Jahren mit dem Thema beschäftigten, des ewigen Streits müde. Noch nie gab es eine so breite Mehrheit für den Bau der A 33. Außerdem ist da noch die Bezirksregierung mit Verfahrensleiter Jens Kronsbein, der in den schwierigsten Planungsverfahren für Autobahnen von Erfolg zu Erfolg eilt und dabei trotzdem verdientermaßen den Ruf genießt, fair auf der Grundlage von Recht und Gesetz zu entscheiden. Das muss er und das wird er auch im letzten Teilabschnitt unzweifelhaft tun. Nur ist es eben nicht fair, wenn eine der beteiligten Parteien ihre Macht ausspielt und ein entscheidendes Gesetz ändert, das die Grundlage für eine gütliche Einigung zwischen Autobahnbefürwortern und Umweltverbänden darstellt. Oder besser gesagt, darstellte. Das Problem verbirgt sich hinter Verwaltungsrichtlinien mit abschreckenden Abkürzungen wie »EREG Stra« und »Eles«. Und dahinter verbergen sich gesetzliche Regelungen, die in ihrer Komplexität auch Fachleuten viele Detailkenntnisse abverlangen. Doch der Kern ist eigentlich ganz einfach. Es geht um die Frage, wie viel die Zerstörung und Betonierung von Natur kosten soll.

Deutlich weniger als bislang, meint die schwarz-gelbe Landesregierung. Der Autobahnabschnitt Halle ist ein perfektes Beispiel. Denn die 85 Hektar Fläche, die unter den Fahrbahnen und ihren Nebenanlagen verschwinden sollen, müssen nach der alten Regelung (EREG Stra) mit rund 250 Hektar Fläche für die Natur ausgeglichen werden. Wie viel es nach ELES sein werden, wird derzeit ermittelt, doch im Schnitt geht man von etwas mehr als der Hälfte der bisherigen Fläche aus. Das Verkehrsministerium argumentiert, dass man auf dieser geringeren Fläche künftig deutlich bessere Ausgleichsmaßnahmen durchführen will als in der bisherigen Praxis üblich. Doch abgesehen von der Frage, warum Ausgleichsmaßnahmen bislang offenbar eher schlampig umgesetzt worden sind, weist der Haller A 33-Abschnitt einige Besonderheiten auf. So ließen sich die Naturschutzverbände ihre Zustimmung zur Konsenstrasse unter der Bedingung abtrotzen, dass Ausgleich und Ersatz in diesem sensibelsten Teil der Strecke besonderen Ansprüchen genügen. In vielen ehrenamtlichen Sitzungsstunden erarbeiteten sie mit den Planern von Straßen.NRW ein Konzept, das die Störungen und Zerstörungen durch die Autobahn in unmittelbarer Nähe der betroffenen Gebiete ausgleichen sollte. Wie es anders gehen kann, zeigt beispielhaft der Abschnitt Steinhagen. Dort wird ein wesentlicher Teil der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Harsewinkel verwirklicht. Nicht, weil es der Natur dort mehr nützen würde, sondern weil dort größere Flächen nach Aufgabe eines Bauernhofes zu erwerben waren. Schön für die Harsewinkeler, schlecht für die Steinhagener, könnte man sagen. Doch weil dieses Vorgehen auf der Grundlage von Gesetzen rechtens ist, gab es dagegen keinen ernsthaften Widerstand. Ganz anders im Haller Abschnitt. Der Konsensvertrag regelt eindeutig die Notwendigkeit, den Ausgleich in der Nähe herzustellen. Und außerdem sollte ausdrücklich die Regelung nach »EREG Stra« zur Anwendung kommen. Das gesamte, auf Grundlage dieses Vertrages ausgehandelte Werk trägt den schönen Namen »Landschaftspflegerischer Begleitplan« und wurde in seinen Grundzügen bereits beim Erörterungstermin 2007 in Halle vorgestellt. Bei diesem Termin zogen die Umweltverbände publikumsträchtig aus – und ernteten viel Kritik für diese Vorgehensweise, wo doch ihre Vorstellungen scheinbar so gut berücksichtigt waren. Der Grund für ihren Protest waren einige der Grünbrücken. Nach den Worten der »Gemeinsamen Erklärung« sollten sie ebenso gemeinsam geplant werden wie die Ausgleichsmaßnahmen, doch unverständlicherweise hatten sich die Straßenbauer in diesem Punkt vertragswidrig jede Einmischung verbeten. Was sie dann vorstellten, ließ auch Laien erkennen, dass sie gerade auf diesem Gebiet offenbar Beratungsbedarf gehabt hätten.

Einige der für Tiere gedachten Grünbrücken waren Nebenanlagen von Straßenbrücken, endeten vor eingezäunten Hausgrundstücken oder gar den Zäunen von für die A 33 geplanten Regenrückhaltebecken. Der Gedanke, dass man sie auch mit Absicht nicht viel schlechter hätte planen können, ließ viele Betrachter schon damals ins Grübeln kommen. Denn genügend Sachverstand müsste man auch in dieser Frage von Straßen.NRW eigentlich erwarten können. Die Folge war eine weitere Verzögerung der Planungen für Halle, das damit schon jetzt jede Chance verloren hat, zeitgleich mit Steinhagen eine Autobahn zu bekommen. Doch immerhin wurde nach er Erörterung im Sommer 2007 auch in diesem Punkt der Vertrag erfüllt und in Gesprächen mit den Umweltverbänden ein für beide Seiten tragfähiges Konzept für die Grünbrücken entwickelt. Im Jahr 2007 wurde allerdings von der Landesregierung auch ein neues Landschaftsgesetz durchgesetzt. Das Gesetz allein bewirkt in Sachen A 33 noch nicht viel, weil die Ausführungsvorschriften fehlten. Die gab es im April dieses Jahres in Form des ministeriellen Erlasses mit der schönen Abkürzung ELES. Und damit wurde nach Auffassung des Landesverkehrsministeriums das ganze Ergebnis langjähriger Verhandlungen obsolet. Denn natürlich hätte der Minister in seinen Erlass hineinschreiben können, dass die neuen Bestimmungen nicht in den Fällen gelten, in denen eine anderslautende Regelung vertraglich getroffen worden ist.Hat er aber nicht. Die Frage ist, warum er das nicht tat. Jeder Bürger, der mit dem Land einen Vertrag abschließt, würde mit Recht erwarten, dass der Vertragspartner nicht einfach die Spielregeln ändert und ihn dadurch seiner Rechte beraubt. Tut der das aber doch, dann bleibt dem Bürger nur der Weg der Klage. Und so werden auch die Umweltverbände vorgehen müssen. In einem abstrakten Sinn kann man darin die notwendig zu führende Auseinandersetzung zwischen den Interessen der Politik und der Naturschutzverbände erkennen. Die Menschen in Halle, nicht nur die an der B 68, sind allerdings nicht in einem abstrakten Sinn betroffen, sondern ganz konkret in ihrem Leben und ihrer Gesundheit. Sie müssen die zwangsläufig scheinenden Folgen des Vertragsbruchs aushalten. Ihre Interessen wahrzunehmen, wäre aber die wichtigste Art, mit der A 33 Politik zu machen.

Quelle: www.haller-kreisblatt.de

von Andreas Großpietsch

Bild: privat