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Eine Mülldeponie blüht auf

Gepostet in Allgemein von Freddy am 22. Juni 2010 Tags: ,

2262010kuenskeNeben einer Million Kubikmeter Abfall wachsen seltene Orchideen – Pläne für Renaturierung des Abschnitts II

Eigentlich klingt es fast unglaublich: Über all dem Dreck, der über Jahrzehnte nach Künsebeck gekarrt worden ist, wächst jetzt nicht nur Gras. Hier blüht das Leben, finden sich an den Rändern gar seltene Orchideenarten. Dabei hat die große Renaturierung noch gar nicht angefangen. Die Dimensionen der ehemaligen Kreismülldeponie sind beeindruckend. Rund eine Million Kubikmeter Abfall lagern in dem ehemaligen Steinbruch Müller. Der Berg ist bis zu 40 Meter hoch, auf dem zehn Hektar großen Gelände sind Haus- und Sperrmüll aller Art verfüllt worden. 1966 legte die Stadt Halle eine Deponie an, die 1973 vom Kreis Gütersloh übernommen wurde. Der älteste Deponieabschnitt, der etwa ein Drittel der Gesamtfläche ausmacht und bis 1981 verfüllt wurde, ist bereits renaturiert worden. Der größere Teil der Deponie, der bis Ende 1999 verfüllt wurde, hat bislang nur eine provisorische Abdeckung, die aus einer Tonschicht sowie einer zwei Millimeter dicken Kunststoffbahn besteht. So soll verhindert werden, dass Regen in die Deponie eindringt. Dass der Müllberg trotzdem voll mit Wasser ist, hat etwas mit den chemischen Prozessen in dem verdichteten Deponiekörper zu tun. »Da gibt es jede Menge Schwitzwasser der Bakterien, die sich dort abarbeiten«, sagt Ralf Engelhardt, zuständiger Ingenieur bei der Gesellschaft zur Entsorgung von Abfällen Kreis Gütersloh GmbH (GEG). Das Sickerwasser, das aus dem Deponiekörper aufgefangen wird, lag 2009 bei einer Gesamtmenge von 9000 Kubikmetern. Das entspricht in etwa einer Menge von 45 000 Badewannen. Doch die Sickerwässer, die in einer speziellen Kläranlage an der kreiseigenen Deponie in Rietberg- Westerwiehe behandelt werden, sind über die Jahre stark zurückgegangen. »Heute befüllen wir etwa einen Tankwagen pro Tag, früher waren es täglich zehn oder mehr Wagen«, sagt Engelhardt. In den 80-er und 90-er Jahren waren die Grundwasserbelastungen im Bereich der deponienahen Quelle Wulwelle noch ein großes Thema. »Heute ist hier alles im grünen Bereich«, betont Engelhardt.

Seit 2008 kann das Wasser aus der Wulwelle ungeklärt in den Künsebecker Bach geleitet werden. Seit zehn Jahren wird das im Deponiekörper entstehende Methangas energetisch genutzt. Pro Stunde fallen etwa 200 bis 250 Kubikmeter Gas an. »Früher waren es gut doppelt soviel«, verweist Engelhardt auf den schon beim Sickerwasser beobachteten Verringerungseffekt, der durch das Setzen des Deponiekörpers entsteht. Bei der Nutzung des Methangases ist Nachhaltigkeit gefragt. Der alte Deponieabschnitt hat noch einen Methangasanteil von 25 Prozent, im Deponieabschnitt II sind es nach Jahren der Zersetzung noch bis zu 60 Prozent. Die Förderung muss behutsam laufen. »Den Bakterien darf nicht zuviel Methan entnommen werden. Sonst trocknet der Müllberg aus«, warnt Engelhardt. Zunächst waren zwei Blockheizkraftwerke an der Deponie im Einsatz. Dann war es nur noch eines mit 330 KW Leistung. Dieses Heizwerk aber flog im November 2009 regelrecht auseinander. Über Monate gab es nur ein Ersatzaggregat, was dazu führte, dass ein Teil des Methangases abgefackelt werden musste. Das neue BHKW mit 250 KW Leistung wird in diesen Tagen fertig. Unterm Strich stimmt die Rechnung. Engelhardt: »Aus den Einnahmen für das Gas können wir weitgehend die laufenden Kosten finanzieren.« Richtig teuer dürfte die große Renaturierung des Abschnittes II werden. Um die fünf Milllionen Euro muss dafür gerechnet werden.

»Dafür aber sind Rücklagen gebildet worden«, informiert der GEG-Ingenieur. Mit der Planung soll im nächsten Jahr begonnen werden. Die Umsetzung wird einige Jahre dauern und abschnittsweise erfolgen. Denn während der größte Teil der Deponie nur noch um einen Zentimeter im Jahr absackt, sind es in anderen Bereichen immer noch 20 Zentimeter. Hier muss abgewartet werden. Auf den Müllkörper soll eine wasserundurchlässige Abdichtung aus Ton oder tonartigem Kunststoff aufgetragen werden, darüber eine 2,5 Millimeter starke Kunststoffbahn. Darauf kommt am Ende eine 1,5 Meter dicke Bodenschicht, die mit Kalkstein aus dem benachbarten Steinbruch angereichert werden soll. Womit dann schließlich derselbe Effekt wie auf der Deponie I erreicht werden soll. Hier kann sich bei viel Sonnenlicht ungestört eine Fauna und Flora entwickeln, die ihresgleichen sucht. In den Randbereichen der Deponie haben sich große Orchideenkulturen entwickelt. Engelhardt: »Mit 60 Arten ist es eines der höchsten Orchideenvorkommen in ganz NRW.«

Quelle: www.westfalen-blatt.de/ WESTFALEN BLATT